Sommerkurzgeschichte 6

Ein langes Nixklusionsmännchen, ein kurzes und der Text: Kurzgeschichte

„Deine Tochter geht nicht in die Werkstatt für Behinderte? Aber sie hat doch keinen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt gefunden…“
Die Mutter des ehemaligen Klassenkameraden fragt verwundert weiter: „Und wie lange hast du jetzt noch Zeit, zu suchen, bevor sie in die Werkstatt muss?“
Die Mutter DER JUNGEN FRAU lacht: „Na ja, ewig! Die Arbeitspflicht wurde in Deutschland schon vor über 75 Jahren abgeschafft. Für alle.“

Die Geschichte vorgelesen …

6 Kommentare

  1. kipa sagt:

    Ganz kurz: Seit 2018 (??) gibt es im Rahmen des „Bundesteilhabegesetzes“ das „Budget für Arbeit“, in dem für Menschen mit Behinderungen das selbstverständliche Recht auf einen Arbeitsplatz auch außerhalb der WfbM zugestanden wird. Dieses Budget wird leider kaum beantragt und beansprucht.
    Man sollte daher unbedingt wissen, welche Rechte behinderte Menschen auch im Berufsleben haben, damit jede/r seine selbstverständlichen Rechte auch in „Besitz“ nehmen kann…

    • Anonymous sagt:

      Dafür braucht man einen Arbeitsplatz. Wer sucht den? Die WfbM (eher selten), die Agentur (die ist nicht beteiligt, so sieht es das SGB IX vor), der gesetzliche Betreuer, wenn es einen gibt (auch nicht sein Job) – in der Realität Eltern oder private Unterstützer. Kein Wunder, das das Budget für Arbeit so wenig genutzt wird. Ein hoher Lohnkostenzuschuss ist eben nicht alles, wenn es keinen Arbeitsgeber und Arbeitsplatz gibt.

  2. anonym sagt:

    Viele Menschen arbeiten, um Geld zu verdienen. Sie müssen Miete bezahlen und Lebensmittel einkaufen. Zudem strukturiert Arbeit den Tag und bietet soziale Kontakte außerhalb von Familie und Freunde. Leider erfahren wir nichts über die Bedürfnisse des MÄDCHENS.
    Die Mutter scheint nicht zu wissen, dass viele junge Menschen nicht sofort ihren Traumjob bekommen. Vielleicht ist sie sehr wohlhabend und nicht auf einfache Arbeit angewiesen.
    Im Urlaub waren wir regelmäßig in einem Café, das von einer Werkstatt geführt wird. Wir haben uns sehr wohl gefühlt. Warum werden die Arbeitsbedingungen immer so negativ dargestellt?

    • Anonymous sagt:

      So sehe ich das auch. Jeden Tag bekomme ich mit, wie meine Tochter und ihre Kolleginnen erwartungsvoll und gut gelaunt im Bus sitzen und sich auf die Werkstatt freuen. Sie bekommen eine Tagesstruktur und Anregungen und freuen sich, wenn sie Aufgaben übernehmen können.Es wird sehr flexibel ausprobiert, was ihnen liegt. Selbst die Schwächsten finden einfache Aufgaben, die sie gerne machen.
      Klar, vielleicht findet ja das MÄDCHEN noch einen Platz auf dem freien Arbeitsmarkt. Dann lohnt sich das Warten.
      Aber für sehr viele ist die Werkstatt eine gute Alternative.

  3. Anonymous sagt:

    Leider geht es ja inzwischen so weit, dass schon den Eltern ganz kleiner Kinder gesagt wird, die Werkstätte wäre ja dann was Schönes für ihr Kind. Bis solch ein Kind in das Alter kommt, wo die „Berufswahl“ ansteht, haben wohl hoffentlich viele Beteiligte verstanden, dass es hier noch viel zu tun gibt. Arbeitsplätze ausserhalb von Werkstätten können gesucht und gefunden werden. Und wenn es nur für ein paar Stunden ist, so ist es doch eine Teilhabe. Dies soll nicht generell gegen Werkstätten sprechen. Denn so mancher ist froh, dass es diese gibt. Aber kein Jugendlicher sollte von vornherein schubladisiert werden. Die Mutter und das Mädchen in der Geschichte zeigen auf, wie schön eine gut funktionierende Beziehung sein kann und welches Unverständnis in der Öffentlichkeit daraus resultiert.

  4. Anonymous sagt:

    Eine schöne Geschichte! es wird oft so dargestellt, als ob Werkstätten ein Zwang oder ein Arbeitslager wären. Nein, keine/r MUSS in die Werkstatt. Ich kann zuhause blieben, ehrenamtlich tätig sein, oder, oder, oder.
    Man merkt übrigens, dass die Mutter „tief aus dem Westen“ kommt: Die Verfassung der DDR enthielt sowohl ein Recht auf Arbeit, als auch die Pflicht zur Arbeit. Nicht zu arbeiten konnte als „asozialer Lebenswandel“ mit Gefängnis bestraft werden. Dementsprechend gab es eine Arbeitspflicht auf deutschem Boden bis 1989.

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