Vorbildlich

Nixklusionsmännchen, eins hat einen Heiligenschein und steht in der Mitte.

Die Mutter DES MÄDCHENS trifft eine andere Mutter.
„Die siehst erschöpft aus“, sagt diese.
„Ach ja“, seufzt die Mutter, „ich finde das schon sehr anstrengend in der Schule unserer Tochter!“
„Läuft es nicht gut mit der Inklusion?“, fragt die andere Mutter nach.
„Doch, doch, aber für mich ist es so anstrengend! Vor der Pandemie habe ich immer überall geholfen: Ich habe Kuchen gebacken, beim Schulfest aufgebaut, mich immer für Ausflüge gemeldet. Und auch jetzt habe ich immer das Gefühl, vorbildlich sein zu müssen: Alle Zettel gebe ich sofort ausgefüllt und unterschrieben wieder mit. Packe die dicken Klamotten und Handschuhe ein. Warte natürlich beim Abholen genau dort, wo es vorgeschrieben ist…“
„Na ja“, sagt die andere Mutter, „die anderen Eltern vergessen ja auch mal was oder machen irgendwas nicht so hundertprozentig korrekt!“
„Ja, ich weiß! Das stimmt…“ Die Mutter nickt. „Aber ich bürde denen doch schon mein behindertes Kind auf. Ich kann mir das nicht leisten!“

Die Geschichte vorgelesen …

9 Kommentare

  1. Kerstin sagt:

    Vielleicht finden Eltern der „normalen“ Kinder es in dieser Klasse auch anstrengend. Wir waren immer die Bösen, weil wir Schule nicht als großen Kuchenbasar sehen wollten. Was lernen Kinder, wenn sie sich einmal die Woche für 50 Cent ein Stück Kuchen kaufen können? Ständig Mama-Zettel unterschreiben müssen mit belanglosen Sachen, die einen nicht betreffen hat unsere Motivation nicht gesteigert. An Regeln halten sollten im Moment alle und finden alle wohl anstrengend. Und ansonsten gilt: Nicht sich jeden Schuh anziehen. Wird manchmal gar nicht erwartet.

  2. anonym sagt:

    Wir als Eltern haben in der Schule immer gerne mal Kuchen gebacken und bei Schulfesten mitgeholfen. Ist es zu viel verlangt, Elternbriefe rechtzeitig abzugeben und schon vorbildlich, sein Kind pünktlich abzuholen?

    • Juliane sagt:

      Natürlich ist das nicht zu viel verlangt. Aber das schlechte Gewissen, dass die Mutter hat, ihr „umständliches“ Kind der Schule „aufzubürden“, das ist zu viel. Sie will eine Gegenleistung für etwas bringen, was eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist. Sie sollte GUTEN Gewissens auch mal keinen Kuchen backen, etwas vergessen und zu spät abgeben, so wie alle „normalen“ Eltern auch!

  3. Thorsten sagt:

    Wenn Eltern sich schon selbst als Bittsteller sehen und sich so verhalten, ist es für die Schule ein Leichtes, daran nichts zu ändern.

  4. Nickscher sagt:

    Der Text spricht mir aus dem Herzen. Als Mutter eines Inklusionskindes fühle ich mich als Bittsteller, immer in der Angst, dass das Kind doch noch abgelehnt wird. Um dies zu verhindern übernimmt man alle Extras, passt sich an, will nicht negativ auffallen, nicht für Mehrarbeit sorgen…man muss dankbar sein, wenn die Institution Inklusion mitmacht-vom (Grund-)Recht darauf spürt man wenig.

    • Essig sagt:

      Die Athmosphäre immer schön im positiven Bereich halten, weil man befürchten muss, dass …., wenn ….Wann und wie ändert sich dieses Abhängigkeitsgefälle? Noch nicht einmal in Coronazeiten wird „ zusammen in die Hände gespuckt“.

  5. electrolite sagt:

    Ich sehe es eher so, dass uns Eltern diese ganze Extraarbeit aufgebürdet wird, wenn wir uns für die Inklusion entscheiden. Die Förderschule ist in der Tat sehr bequem für uns, weil dort alle Therapien laufen, weil wir dort für alle nötigen Extrawürste Verständnis erwarten können. Warum können wir eigentlich nicht erwarten, dass das auch in der Regelschule so ist? Nicht, weil unsere Kinder eine Behinderung haben. Sondern weil unser Land es nicht für nötig hält, die Inklusion umzusetzen, zu der es sich verpflichtet hat.

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