Im Drogeriemarkt
DAS MÄDCHEN ist mit seiner Mutter im Drogerie-Markt.
Ungeschickt wirft es ein paar Dinge aus dem Regal. Die Mutter räumt alles wieder ein, denn sie kennt das schon.
Eine ältere Dame rollt mit den Augen.
An der Kasse steht die ältere Dame hinter der Mutter und dem Mädchen.
Das Mädchen sagt laut „Män“.
„Ja“, antwortet die Mutter, „das sind die Windeln mit dem Spider-Man drauf.“
„Kann Ihre Tochter denn nicht sprechen?“, mischt sich die ältere Dame ein, „das arme Kind!“
„Sie kann gebärden und mit Mimik und Gestik auch viel sagen“, antwortet die Mutter. Und:
„Sieht so ein armes Kind aus?“
Die Tochter wirft der Kassiererin lachend einen Kussmund zu und sagt „tschau“, als sie das Geschäft verlässt.
Auf dem Parkplatz kommt die ältere Dame noch einmal auf Mutter und Tochter zu:
„Ich wollte mich noch mal entschuldigen“, sagt sie, „die ganze Zeit im Laden dachte ich: Was für ein nerviges unerzogenes Kind! Und ein armes Kind ist ihre fröhliche Tochter auch wirklich nicht. Das nächste Mal bin ich nicht so voreilig.“
Das ist eine sehr schöne Geschichte, die zeigt, wie wichtig Begegnungen sind. Und dass Menschen, auch ältere, sehr oft bereit sind, dazuzulernen, wenn Begegnungen statt finden. Wir haben mit unseren Sohn häufig ähnliches erlebt. Mittlerweile spricht er quasi pausenlos, aber bis 8 Jahre hat er auch nur gebärdet oder mit dem Talker kommuniziert und viele Menschen fanden das sehr interessant. Im Drogeriemarkt wollte er schon mit 5 Jahren immer „mitarbeiten“ und als eine ältere Dame zu ihrem Mann sagte, sie bräuchten noch Feuchttücher, rannte er los und brachte Babyfeuchttücher, weil er ja nur die kannte. Die Damen hatte natürlich eher an feuchtes Toilettenpapier gedacht. Aber sie sagte zu ihrem Mann: „Du, ich habe immer gedacht, solche könnten gar nichts verstehen. Aber sie verstehen ja doch viel“. Wenn ich die Geschichte erzähle, schütteln die Menschen oft den Kopf über die Dame. Aber ich sehe es anders – sie hatte das gedacht, aber schon nach einer Begegnung hat sie ihre Vorstellungen geändert. Das finde ich beachtenswert – und es zeigt, wie wichtig Inklusion und Zusammenleben sind.
Im Herbst plant unser Sohn übrigens, jetzt 13 Jahre alt, ein Praktikum in genau diesem Drogeriemarkt. Ich bin gespannt, auch auf die Begegnungen.
Wie schön, dass sich die Frau entschuldigen konnte, so konnten hoffentlich alle mit einem guten Gefühl nach Hause gehen.
Tolle Geschichte ❤️