Anwesenheitspflicht
Berufswegekonferenz in der 9. Klasse.
Die Eltern sind eingeladen, und DER JUNGE. Für ihn besteht Anwesenheitspflicht. Vor allem die Schulrätin, so wird den Eltern gesagt, wolle ihn unbedingt kennen lernen.
Aber der Junge mag es gar nicht, wenn man über ihn redet. Er selbst spricht wenig, und große Runden mit vielen Erwachsenen lassen ihn ganz verstummen.
Die Eltern schlagen vor, die Konferenz in dem Café zu machen, in dem der Junge immer seinen Praktikumstag verbringt. Alle könnten ihn bei der Arbeit erleben und immer mal etwas dazu fragen.
Aber die Schulrätin winkt ab: Die Berufswegekonferenz müsse unbedingt in der Schule stattfinden. Und mit dem Jungen.
Nach langem Hin und Her erreichen die Eltern, dass der Junge nicht die ganze Zeit dabei sitzen muss. Er soll mit seiner Praktikumsmappe für ein kurzes Gespräch hereingerufen werden.
12 Teilnehmer sitzen dann also am Tisch und beraten über die berufliche Zukunft des Jungen. Auch das Arbeitsamt und die Eingliederungshilfe sind dabei. Die Schulrätin hat noch zwei Kollegen mitgebracht. Nach einer Stunde dann die Protokollnotiz: „Der Junge wird voraussichtlich noch zwei weitere Jahre in die Schule gehen. Eine gute Lösung für das Problem eines passenden Anschlusses muss noch gefunden werden.“
Der Junge sitzt derweil mit seiner Schulbegleitung im Nebenraum. Seine Praktikumsmappe hat er die ganze Zeit unter dem Arm geklemmt.
Aber hereingerufen wurde er nicht.
Die Schulrätin hatte das völlig vergessen.
Ein Gremium zum Selbstzweck? Bei welchen Gehaltsstufen? Den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen. Die Ausgangsbasis des JUGENDLICHEN ( was kann er in einer Sitzung leisten? Was leistet er imPraktikum? Würdigung der Praktikumsmappe) ist als wichtigster erster Schritt zu sehen. Wer ist für Korrekturen des Systems verantwortlich?
Die engagierte Mutter hatte ihr Kind wohl auch vergessen!