Eine Frage
Die Mutter DES MÄDCHENS ist ziemlich durcheinander.
„Du, es ist mir ja ein bisschen peinlich, aber: Ich muss dich mal was fragen…“ Am Telefon ist ihre Freundin, die Anwältin.
Und dann holt sie erst einmal etwas aus: Seit Wochen streiten sich die Eltern mit der Schule über die Förderung des Mädchens.
Sie möchten, dass es lesen und schreiben lernt.
Immer, wenn sie zu Hause mit ihm lernen, zeigt es, dass es das kann. Auch wenn alles sehr langsam voran geht.
Die Schule möchte die „lebenspraktischen Fähigkeiten“ fördern:
Das Mädchen bastelt und schneidet aus. Es malt ein Bild nach dem anderen. Und wenn die anderen lesen, geht die Schulbegleitung mit ihm in die Schulküche, sortiert die Besteckkästen und legt die Handtücher zusammen.
Die Eltern möchten mehr. Die Lehrer sagen, in die schulische Förderung dürften sie sich nicht einmischen. Bei dem Wort „Erziehungspartnerschaft“ hatte die Lehrerin die Augenbrauen hoch gezogen.
Nun soll morgen ein weiteres Gespräch stattfinden. Mit dabei ist auch ein Vertreter des Schulamtes.
„Und da muss ich jetzt einfach mal fragen“, sagt die Mutter, „ob das eigentlich irgendwo steht, dass unsere Tochter auch das Recht hat, lesen und schreiben zu lernen? Im Schulgesetz oder so?“
Die Freundin schweigt einen Moment und sagt dann:
„Alle Kinder dürfen das lernen! Das ist ein Menschenrecht!“
Jetzt schweigt die Mutter. Dann sagt sie leise:
„Sorry, aber manchmal macht mich das hier alles ganz irre!“
Durch Basteln und Malen(Stifthaltung) erlangen die Kinder Fähigkeiten zum Schreiben!Bildung bedeutet aber nicht nur Lesen, Schreiben und Rechnen!
Der Begriff „Bildung“ wird meistens mit der Schule assoziiert, in der Lehrer versuchen, ihren Schülern das Maß an Bildung zu vermitteln, welches im Lehrplan festgelegt wurde. Demnach ist Bildung Wissen – ist Bildung Lernen und Lehren – ist Bildung Kenntnis und Erkenntnis. Doch ist das alles, was Bildung ausmacht? Gebildet bedeutet unter ANDEREM auch der Wille und die Fähigkeit sich zu verständigen. Wie soll ein behindertes Kind zu solchen Fähigkeiten erlangen,wenn es nicht mal herangeführt wird, ihm eine Chance gegeben wird? In Sonderschulen kriegen sie diese Chance kaum!
….wobei wir dann wieder beim Basteln und Ausschneiden wären….
Was ist dann damit anders? Die Unterrichtszeit ist vorbei, das Kind hat auch nur gebastelt und nicht die kognitiven Übungen gemacht. Beim nächsten Thema läuft es auch nicht viel anders. Das Mädchen in der Geschichte oben durfte vielleicht auch etwas themenbezogenes ausschneiden? Vielleicht klappt es mit dem Schreiben noch nicht, weil die Vorläuferfunktionen noch nicht genug geübt wurden?
Den Lehrplan einer Sonderschule Schwerpunkt geistige Entwicklung kann man nicht einfach so in einer Regelschule übertragen.Sonst wäre das kein Inklusion! Die Förderung Kinder mit erhöhtem Förderbedarf in Regelschulen muss an die Lehrpläne der Regelschule(und das in jedem einzelnen Fach)angelehnt werden und nicht die einer Förderschule. Sonderpädagogen in Sonderschulen Schwerpunkt geistige Entwicklung sind verunsichert, weil sie die Qualifikation meistens nicht mitbringen,bzw so nie in Sonderschulen gearbeitet haben.Es fehlt auch Personal in Regelschulen.So wurde mir das zumindest von den Pädagogen meines Kindes erklärt.
Die Sonderpädagogen zusammen mit den Fachlehrer müssen sich in Regelschulen Gedanken bei jedem Thema das sie im Unterricht durchgehen darüber machen und den Unterrichtsstoff dem Kind mit erhöhtem Förderbedarf anpassen.Wenn ein Kind mit erhöhtem Förderbedarf zum Beispiel beim Thema Maßeinheiten mehr Hilfe braucht, um dies zu verstehen, dann wird dem Kind angeboten ein Meterband zu basteln um es besser zu visualisieren,usw.
Eine gelungene Darstellung!
Nett sieht es aus, wie DAS MÄDCHEN mit Papier und Schere hantiert und dabei leicht verlegen lächelt. Hat es bemerkt, dass es eine andere Aufgabe bekommen hat als die Mitschüler?
Viele Eltern haben Probleme damit, wenn ihre Kinder mit Ausschneiden beschäftigt werden, während die Mitschüler kognitiv an einem Thema arbeiten.
Ist es nicht ein Widerspruch in sich, wenn die Sonderpädagogik mit dem Instrument Bildungsplan von der Sonderschule in die allgemeine Schule transplantiert wird und das dann Inklusion genannt wird?
Diesen Widerspruch spüren viele Eltern.
Sie sind verunsichert dadurch, dass Fachleute, allen voran die Pädagogen selber, diesen Widerspruch ignorieren…
Die Sonderpädagogik ist aufgrund ihrer Etikettierung und Segregierung zu tiefst diskriminierend!
Wer kümmert sich um die Schüler denen die Förderschulen geschadet hat, und das über Jahrzehnten? In Sonderschulen Schwerpunkt geistige Entwicklung haben die Kinder kaum eine Chance zur Bildung zu kommen!Behinderte Kinder,die das Tausendfache an mehr Förderbedarf haben, kriegen in diesen Förderschulen das Tausendfache weniger als die Schüler in Regelschulen. Sie können sich nicht mal für ihre rechte einsetzen weil sie nie zur Bildung kommen durften!Später landen sie in Wohnheime, wo sie kein Selbstbestimmungsrecht haben!Viele erhalten nicht Mal Taschengeld!Viele behinderte Menschen leiden an Depressionen!Wer kümmert sich um diese Menschen denen geschadet wurde und weiterhin wird?
Glücklicherweise gibt es noch viele Menschen, die in weiser Voraussicht die immensen Risiken und Folgen einer radikalen Inklusion einschätzen können. Schon manche schulischen Reformen sind nach einiger Zeit wieder verworfen worden. Warum wohl? Wer hat sich um die Schüler gekümmert, denen geschadet wurde?
Da hat die Mutter noch Glück sich von einer Freundin(Anwältin) beraten zu lassen.Man kann nur hoffen, dass keine allzu hohe Kosten für die Beratung auf sie zukommen. Ähnliche Probleme hatten wir bei unserem Kind, als es die Förderschule besuchte. Unser Anwalt, schrieb zig Briefe an den Schulleiter der Schule,die einfach ignoriert wurden. Es hat uns ein riesen Loch in die Kasse gerissen.Jeder dieser Briefe hat uns zwischen 250 und 300 Euro gekostet.Wie viele Eltern können sich das leisten? Viele Eltern behinderter Kinder sind Alleinerziehende, arbeiten halbtags oder gar nicht.Viele leben am Existenzminimum .
Es gibt nur eins was auf Dauer teurer ist als Bildung ! KEINE BILDUNG !
Wenn nach dem Brsuch der Förderschule dann wenigstens die lebenspraktischen Fähigkeiten umgesetzt werden könnten ! Leider ist dies nicht der Fall .
Diese Kinder werden einzig und allein auf die WfbM vorbereitet. Diese müssen einen gewissen Teil Menschen beschäftigen die nicht SCHWERSTbehindert sind , somit ein gewisses tägliches Pensum schaffen und damit die Produktionsfähigkeit der Werkstatt erhalten ! Geht ja gar nicht in diesem Land , das diese genau wie die Förderschulen keine daseinsberechtigung haben !
Den Satz„Sorry, aber manchmal macht mich das hier alles ganz irre!“ hört man auch von Angehörige,die ihre Eltern pflegen. Viele durchblicken auch nicht den Dschungel der Möglichkeiten.Manche wissen gar nicht welche Hilfe ihnen per Gesetz zusteht.Die Anzahl der Menschen,die in Deutschland Hilfe in Anspruch nehmen ist klein und das von vielen aus Unwissenheit. Kurzzeitpflege nutzen nur 0,7 %; Tages und Nachtpflege nur 2,4 %; Verhinderungspflege nur 3,8 %.Viele sind mit ihren Probleme alleine gelassen.Erlebte es im Bekanntenkreis auch, dass sie nach 10 Jahre Pflege nicht wussten, dass sie Anspruch auf Verhinderungspflege hatten.
Bitte auf http://www.news4teachers.de den Artikel lesen"Grundsatzurteil macht deutlich:Wie ein Förderplan bloß nicht mehr aussehen sollte-ein Praxisbeispiel"
Viele Angehörige behinderter Menschen sind müde. Sie müssen für ihre Rechte immer und immer wieder kämpfen. Sie haben keine Kraft mehr mit Politiker und Pädagogen in Schulen zu kämpfen. Die meisten von ihnen sind keine Pädagogen. Ich habe selber die Erfahrung, wie viele Eltern in meinem Bekanntenkreis gemacht, dass man alleine da steht. In Gespräche in den Schulen sitzen Eltern meistens alleine und manchmal sogar mit 6 bis 8 Pädagogen,die ihnen das Wort in den Mund verdrehen.Als mein Kind den Schulbesuch auf eine Förderschule verweigerte und ich mich bei der Schulbehörde über die Missstände der Schule beklagte, da sagte mir der Zuständige im Aufsichtsrat der Schulbehörde, ich solle mir ein Hobby suchen. Ich wurde einfach weggeschickt…
Es gibt seit ein paar Monaten sehr Richtlinien wie ein Förderplan auszusehen hat. Ein Förderplan müsse Aufschluss darüber geben, auf welchem Leistungsstand der Schüler tatsächlich sei und zwar für JEDES DER FÄCHER, die für das aktuelle Schuljahr anstehen.Eltern eines Schülers mit Asperger Syndrom klagten vor Gericht und bekamen Recht.Leider ist dies bei vielen Pädagogen nicht vorgedrungen.Ich haben den Förderplan meines Sohnes noch nicht erhalten und aus meinem Bekanntenkreis ,ist in den Förderplan nichts Neues ersichtlich zu lesen.Die Pädagogen schreiben den weiterhin nach dem alten Muster. Alles unübersichtlich.
…Das Problem bei vielen Eltern, ähnlich wie in dem Beispiel oben ist, dass viele behinderte Menschen und deren Angehörige nicht wissen was ihnen zusteht. Fragen sollte man sich.Wie viele Eltern schlafen mit dem Schulgesetz unterm Kissen?Geschweige den es überhaupt verstehen! Mein Kind besuchte die ersten Schuljahre eine Förderschule Schwerpunkt Geistige Entwicklung.In Hamburg hatte kaum eine Förderschule Schwerpunkt Geistige Entwicklung damals einen Förderplan für die Schüler erstellt. Habe eine Umfrage selber bei den Eltern in vielen Schulen unternommen.Die meisten Eltern fragten:Was ist ein Förderplan? Was ist ein Schulkonzept? Was ist ein sonderpädagogisches Gutachten?Man fragt sich dann:Was sollen Eltern den fordern, wenn sie nicht Mal wissen was ihnen zusteht? Viele Eltern wussten nicht Mal warum ihre Kinder in Förderschulen landeten….
Behinderten Kindern wird die Fähigkeit zum Lernen von Schreiben, Lesen und Rechnen nicht zugetraut. Zudem ziehen Sonderpädagogen ihren eigenen Lehrplan durch. Es gibt eine Richtlinie für den Lehplan lebenspraktische Ausrichtung, aber es gibt keine Vorgabe, dass Lesen und Rechnen gelernt werden muss. Das ist der Skandal. Im Endeffekt können Sonderpädagogen lehren, was sie wollen, sie haben keinen Lehrplan, den sie verbindlich durchnehmen müssen wie das bei Regelkindern der Fall ist. Diese Willkürbeschulung und dieser Willkürlehrplan müssen abgeschafft und verboten werden.
In der UN-BRK wird gesagt, dass wirklich alle Kinder das Recht haben, mit anderen in der Gemeinschaft, in der sie leben, in einem inklusiven Unterricht zu lernen. Die Bildung soll die bestmögliche schulische und soziale Entwicklung gestatten. Dazu müssen die notwendige Unterstützung und angemessene Vorkehrungen getroffen werden.
Meines Erachtens muss jetzt hier nicht über (einzelne unfähige oder gar böse) Lehrpersonen und Vertreter des Schulamtes gesprochen werden. Vielmehr interessiert es, weshalb eine Konvention rechtlich in Kraft tritt, aber in den Ländern in 9 Jahren keine entsprechenden Gesetzesanpassungen vorgenommen und in der Folge die nötigen Schritte in der Verwaltung und den Schulen getan werden, um dem geltenden Recht zum Durchbruch zu verhelfen?
Liebe*r Jurist*in, was ist zu tun? Liebe*r Politiker*in, was tun Sie? Liebe*r Mitbürger*in, was kannst du tun? Liebe*r Lehrer*in, liebe*r Vertreter*in des Schulamtes …
Bruno Achermann