Projekte
DAS MÄDCHEN ist in der ersten Klasse. Es hat andere Lernziele als die Grundschulkinder. Schulleiter, Klassenlehrerin, Eltern und Sonderpädagogin treffen sich zur Planungsrunde.
Der Start ist gelungen. Da sind sich alle einig. Die Klassenlehrerin wünscht sich mehr Unterstützung beim Anpassen des Lernstoffes für das Mädchen. „In Deutsch zum Beispiel…“ setzt sie an.
Die Sonderpädagogin unterbricht sie: „Da muss ich ein wenig die Erwartungen bremsen…“, sagt sie.
Und dann holt sie aus: Sie freut sich, als Fachfrau die Schule zu begleiten. Natürlich wäre es gut, wenn es mehr als nur 4 Stunden seien. Da müsse sie nun einmal Schwerpunkte setzen. Es gebe ja so viele tolle Projekte, die eine inklusive Beschulung unterstützen. Und dann zählt sie auf:
„Ich plane ein Anti-Mobbing-Projekt für die Klasse, damit das Mädchen niemals zum Mobbingopfer wird. Parallel dazu bereite ich ein Kunstprojekt vor, bei dem das Mädchen seine kreativen Potentiale entfalten kann. Und dann informiere ich mich gerade über ein Sportprojekt, bei dem die sozialen Fähigkeiten der Mitschüler gesteigert werden.“
Die Klassenlehrerin murmelt noch etwas von „Mathematik“, aber da hat die Sonderpädagogin schon energisch gesagt: „Mehr geht jetzt wirklich nicht!“
Bei der Verabschiedung drückt der Schulleiter den Eltern fest die Hand. „Kriegen wir schon irgendwie hin…“, sagt er leise und seufzt.
Ich finde es wirklich erstaunlich, an welche Sonderpädagogen sie immer wieder geraten. Klar, es gibt einige unmotivierte und viele übermotivierte mit falschen Zielen. Es gibt aber auch sehr viele, sehr gute Sonderpädagogen.
Super gezeichnet:
Die Sonderpädagogin – voll in Fahrt, hat gleich drei Projekte in petto…
umgeben von frustrierten Blicken – jetzt wäre eigentlich Teamarbeit angesagt, aber das scheint die SONDERpädagogin nicht zu interessieren…
Mich erinnert diese Geschichte an "Auf dem Schulhof" vom November 2016.
Da besteht ein Zwang, unbedingt etwas zu tun, was das spezielle Etikett "Inklusion" trägt. In diesem Fall hier müssen unbedingt "tolle Projekte" geplant werden, damit die Sonderpädagogin (gegenüber Anderen, aber vielleicht auch bloß gegenüber sich selbst) beweisen kann, daß sie "als Fachfrau" tolle integrative Sachen macht.
Daß Integration dann am Besten geklappt hat, wenn sie nach außen gar nicht als solche wahrgenommen wird, passt da natürlich nicht hinein.
Denn: Wo kämen wir bloß hin, wenn jeder Integration machen würde – einfach so ohne nachgewiesene Qualifikation? Dann wäre die Sonderpädagogin am Ende womöglich überflüssig, anstatt "als Fachfrau" tolle integrative Sachen zu machen.
Hm,schade, wenn eine Sonderpädagogin derart die Bremse reinhaut. Da ist noch viel Schulung und Fortbildung nötig, und Erkenntnis, was Inklusion bedeutet: manchmal auch sich selbst und seine Ideen zurücknehmen und beobachten, wie das Kind sich in die Situationen hineinfindet, gegebenenfalls eingreifen und den Unterrichtsstoff herunterbrechen…