Schulpflicht

Jedes Jahr vor den Sommerferien verschickt die Schulleitung ein Rundschreiben.
Darin steht:
Eltern dürfen die Ferien nicht eigenmächtig verlängern.
Bei einem Verstoß ist die Schule gezwungen, ein Ordnungswidrigkeitsverfahren einzuleiten.
In Extremfällen kann die Verletzung der Schulpflicht sogar mit Freiheitsstrafe geahndet werden.
DER JUNGE darf jetzt schon seit sechs Wochen nicht mehr in die Schule gehen.
Der Integrationshelfer ist ausgefallen.
Die Eltern suchen verzweifelt nach einer Lösung.
„Nein“, sagt der Schulleiter, „der eigene Vater als Krankheitsvertretung, das geht natürlich nicht.“
„Nein“, sagt der Sonderpädagoge, „wir können da nicht aushelfen, die Sonderschule hat keine Ressourcen, und ohne Begleitung kann das Kind den Unterricht eben nicht besuchen.“
„Nein“, sagt der Vertreter des Anbieters für Schulbegleitungen, „wir suchen ja, aber eine Krankheitsvertretung steht leider nicht zur Verfügung.“
„Nein“, sagt die Mitarbeiterin des Sozialamts, „wir können da nichts machen. Das ist Aufgabe des Anbieters. Wir zahlen nur.“
“ Nein“, sagt das Schulamt,  „das ist eine schwierige Situation, lauter Sachzwänge… Wir wollen uns da nicht zu sehr einmischen.“
Das Rundschreiben haben die Eltern des Jungen in der Küche an die Pinnwand geheftet.

Die Geschichte vorgelesen …

8 Kommentare

  1. Fan des Illustrators sagt:

    Vor lauter Paragrafen versteht man die Welt nicht mehr!
    Das macht Angst und schnell versteckt man sich selber hinter §§§§…usw.

    Wo bleibt die Empathie in unserer Gesellschaft?
    Auf die sind die Eltern und der JUNGE angewiesen, um eine Lösung zu finden!

    Gratulation dem Illustrator:
    Wie virtuos er der Empathie in seinen Zeichnungen Raum gibt!

  2. Anonym sagt:

    In manchem gibt es auch Ermessensspielräume.Vielleicht gehört die Krankheitsvertretung durch den Vater dazu.Es wäre ja nur eine Zeitlang, und Hauptsache, das Kind sitzt im Unterricht. Wäre ich Schulleiterin, hätte ich kein Problem damit. Allerdings, dass man vor Ferien so streng mit der Schulpflicht ist, finde ich wichtig.Schon Ende der Sechziger lichteten sich die Schülerreihen am Ende des Schuljahres.Manche Väter wollten den Staus vorausfahren.Wer brav zur Schule kam, fühlte sich wie ein Nachsitzer. Anders sieht es aus, wenn ein Kind zur Kur muss. Da gibt es Ausnahmen, und sicher auch in anderen Fällen. Und ja, bei Inklusionskindern muss man einfach flexibler werden ,mal was ausprobieren, vielleicht geht es ja ganz problemlos mit einer unkonventionellen Lösung?

  3. >>Von der Schulpflicht gibt es auch für nichtbehinderte Schüler Ausnahmen.<<

    Schon mal von einem nichtbehinderten Schüler gehört, der nicht in die Schule durfte, obwohl er wollte?
    Suspendierungen wegen Fehlverhalten jetzt mal ausgenommen… (und da hab ich auch noch nie gehört, dass das 6 Wochen wären, das Maximum das ich kenne sind 3 Tage)

  4. Anonym sagt:

    … zum Haare raufen.

  5. Mummymachine sagt:

    Oder man kann nicht zu Hause den Schulstoff durchnehmen, weil man selbst arbeitet.
    Die Schule ruft zu jeder erdenklichen Zeit an, fordert Gespräche und/oder dass man das Kind sofort abholt. Möchte man selbst ein Gespräch, muss man auf den Termin warten. Sprechstunde ist ja gewöhnlich zwischen 13:00 und 14:00 Uhr. Da kann ja jeder (nicht!)

  6. Anonym sagt:

    Von der Schulpflicht gibt es auch für nichtbehinderte Schüler Ausnahmen. Wenn es nicht geht, geht es halt nicht. Das hat nichts mit eigenmächtigen Ferienverlängerungen zu tun, um Flugkosten zu sparen.

  7. Anonym sagt:

    Und dann sitzt man zu Hause, nimmt mit dem Kind den verpassten Stoff durch, aber das Schuljahr gilt als nicht bestanden, weil das Kind zwar den Stoff kann, aber zu viele Fehltage hatte…

  8. Anonym sagt:

    Genau so ist es! Regelschüler haben die Schulpflicht, behinderte Kinder sind der Willkür ausgeliefert. Für Regelschüler galt schon immer die Sprengelschule, für sein behindertes Kind kann man froh sein, überhaupt einen Schulplatz zu finden.

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