Ein Künstler

Am Rande einer Tagung kommt die Mutter DES MÄDCHENS mit einem Journalisten ins Gespräch.
„Wir drucken jetzt auch ab und zu die Zeichnungen eines jungen Mannes mit Behinderung ab“, erzählt dieser stolz.
„Das finde ich ja prima“, sagt die Mutter.
„Ein echter Künstler ist der“, schwärmt der Journalist. „Wir sind froh, dass wir ihn dafür gewinnen konnten.“
„Und haben Sie ihn angestellt?“, fragt die Mutter.
„Nein“, sagt ihr Gesprächspartner, „so viel arbeitet er nicht für uns.“
„Und als Minijob?“
„Nein, auch nicht.“
„Aber ein Honorar zahlen Sie schon, oder?“, fragt die Mutter ein bisschen scherzhaft nach.
Die Frage ist dem Journalisten sichtlich unangenehm. „Nein, auch nicht. Wissen Sie, unsere Rechtabteilung hat gesagt, das lohnt sich für den doch gar nicht. Er arbeitet ja in einer Werkstatt für Behinderte, und alles, was er dazu verdient, wird ihm bei der Grundsicherung doch wieder abgezogen!“
Die Mutter schweigt.
„ … aber ab und zu schenken wir ihm einen Pizza-Gutschein.“

Die Geschichte vorgelesen …

4 Kommentare

  1. Gudrun sagt:

    Die Zeitung ist doch ein privatwirtschaftliches Unternehmen, oder?
    Das spart sich Geld indem es die Leistung nicht bezahlt. Wenn der junge Mann für seine Kunst bezahlt würde, dann würde er weniger Sozialleistungen die vom Steuerzahler gezahlt werden, benötigen.
    Die Zeitung schädigt also alle Steuerzahler.

  2. verzopft und verkopft sagt:

    Uff. Aus zwei Gründen.

    Zum einen setzt es das falsche Signal, dass seine Kunst, ja, seine Arbeit, nichts wert ist. Jedenfalls nicht so viel wie die von Nichtbehinderten, für die selbstverständlich gezahlt würde.

    Zum anderen stimmt es zwar, dass ihm das Geld an anderer Stelle wieder abgezogen würde. Und das ist wieder ein eigener Punkt, der kritisiert werden muss. Aber wenn die Zeitung eine zuverlässige Einnahmequelle ist, dann könnte er seine Arbeitszeit in der WfbM vielleicht reduzieren, und trotzdem genug Geld haben? Wenn sich noch ein paar andere Zeitungen o.ä. finden, die alle bereit sind, den Aufwand angemessen zu bezahlen, dann gelingt vielleicht der Sprung aus der WfbM in den 1. Arbeitsmarkt komplett.

    Wenn aber jeder auf die Anrechnung verweist, ist so etwas von vornherein schon unmöglich.

  3. Zukunftsmusik sagt:

    Auch dieser junge Mann hat ein Urheberrecht liebe Rechtsabteilung.
    Ob solche Nebeneinnahmen bei den diskutierten Werkstattreformen schon mitgedacht wurden ?

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