Der Aufnahmeantrag

Ein grünes Männchen im Rollstuhl und am Rollator. Oben drei andere Männchen in gelb, rot und türkis.

Planungssitzung im Kindergarten einer Elterninitiative.
Es geht um die Bewerbungen.
Die Leiterin stellt vor: Ein Kind, das abwechselnd einen Rollator und Rollstuhl nutzt.
Sie erläutert, dass einige Umbauten und organisatorische Änderungen nötig wären. Bestimmte Ausflüge zum Beispiel würden dann schwierig.
Am Ende ihrer Ausführungen plädiert sie für eine Aufnahme: „Das ist eine Herausforderung. Aber das schaffen wir. Schließlich haben wir schon inklusive Erfahrung, auf die wir aufbauen können.“
Die Eltern diskutieren. Eine Mutter hat besonders viele Einwände: „Was ist denn gewonnen, wenn die ganze Gruppe zurückstecken muss, weil wir sonst den Bedarf des Kindes hier nicht decken können?“
In einer Pause nimmt die Mutter DES MÄDCHENS die Mutter zur Seite: „Du, sei mir nicht böse, aber deine Tochter mit Down-Syndrom ist doch auch hier im Kinderladen. Warum bist du so entschieden gegen die Aufnahme des Jungen?“
„Behindert ist eben nicht gleich behindert“, antwortet diese, „meine Tochter ist total fit. Bei Ausflügen muss man kaum Rücksicht auf sie nehmen. Ich habe viel Arbeit und Zeit da hineinsteckt und so viel Normalität wie möglich erreicht. Soll das jetzt alles umsonst gewesen sein?“

Die Geschichte vorgelesen …

4 Kommentare

  1. b. sagt:

    ich vermisse in der Geschichte über den Elternabend einen gewissen Part der Leitung. Neben Organisatorischem und Umbauten hat die Aufnahme eines Kindes mit Behinderungen doch sicherlich aus Auswirkungen auf den Betreuerschlüssel in der Gruppe/ Kiga. Sicherlich wird (auch) Eingliederungshilfe beantragt, die Gruppengröße verändert usw, usw. (da gibt es sicherlich Unterschiede in den einzelnen Bundesländern). Darüber spricht die Leitung scheinbar nicht. Es wäre aber sicherlich für die gesamte Elternschaft durchaus von großem Interesse. Und nicht ganz unwesentlich für die Meinungsfindung aller Beteiligten. Und schon verschiebt sich vielleicht ‚ der schwarze Peter‘ , welcher der Mutter in der Geschichte scheinbar zugeschoben wurde , etwas. Inklusion gibt es nicht zum finanziellen Nulltarif für den Kostenträger der Kigaleistung. Der Finanzteil sollte sich nur von den Fördereinrichtungen in die Regeleinrichtung verschieben. Also warum schweigt die Kigaleitung darüber?

  2. Anonymous sagt:

    Die Mutter scheint in diesem Moment überfordert zu sein. Im Wissen, so sehr und so lange um Teilhabe gekämpft zu haben scheint es ihr nun so, als würde das andere Kind und dessen Familie es viel einfacher haben. Vielleicht merkt sie in diesem Moment auch deutlich, dass eine körperliche Einschränkung sich anders im Leben eines Kindes auswirken kann als eine andere Einschränkung. Vielleicht sieht sie Nachteile für ihr Kind, da die Aufmerksamkeit einem anderen Kind zu Beginn vielleicht intensiver zuteil wird. Auf alle Fälle ist es hier wichtig, dass die Steine, die sie sich selbst in den Weg legt mit ihrer Aussage, behutsam gemeinsam beiseite geschoben werden.

  3. Juliane sagt:

    Traurig. Da sieht man mal wieder, dass Diskriminierungserfahrung nicht davor schützt, andere zu diskriminieren…

  4. A. sagt:

    Auch das kommt leider nicht so selten vor. Teilhabe für das eigene behinderte Kind einzufordern macht einen nicht automatisch zu einem solidarischen, Inklusion fördernden Menschen. Hier wird gesellschaftlich tief verankerter Ableismus übernommen und fortgesetzt.

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