Der Elternabend

„Das wäre doch schön“, sagt ein Vater beim Elternabend, „wenn sich die Inklusionseltern einmal vorstellen.“
Stille.
Niemand meldet sich.
Nicht der Vater, der von Geburt an nur eine Niere hat.
Auch nicht die Mutter, die seit langem schon in psychiatrischer Behandlung ist.
Auch nicht der Vater, der inzwischen mit einem anderen Vater zusammenlebt.
Und auch nicht die Mutter des Kindes, das nach der Trennung der Eltern wieder jede Nacht ins Bett macht.
Und auch nicht die Eltern des Jungen, der schon mit drei Jahren fließend lesen konnte.
Und auch nicht die Mutter DES MÄDCHENS.
Schließlich einigt man sich.
Alle Eltern stellen sich einmal kurz vor.
Und jeder erzählt über sich und seine Familie, was er möchte.

Die Geschichte vorgelesen …

4 Kommentare

  1. Oh ja, das hat schon was von Bloßstellung.
    Jolina ist das einzige Inklusionskind in ihrer Klasse und ich glaube so hatte ich mich damals vorgestellt. Die Mutter neben mir fragte mich dann: "Was ist denn Down Syndrom?" Ich erklärte es ihr nahm aber das böse M-Wort, das sie sicher eher verstanden hätte nicht in den Mund

  2. Anonym sagt:

    Interessant wäre ja wer in die Stille herrein dann den Vorschlag gemacht hat, dass jeder sich kurz vorstellt …

    Ich weiss in solchen Situationen meist nicht was ich tun soll. Ich will offen mit der Behinderung umgehen – aber mich auch nicht als einzige erklären müssen.

  3. Anonym sagt:

    Eine wunderbare Geschichte. Sie erinnert sehr daran das es „die“ Inklusionskinder sprachlich gar nicht geben dürfte weil jeder mit seinen Eigenheiten ein „Inkusionsmensch“ ist…

    Danke von der Mama eines „Inklusionskindes“ die im Moment eher das Gefühl einer Exklusion hat.

  4. Kai sagt:

    Wieder ein wunderbarer Beitrag diese Woche! Ja, genau DARUM geht es doch: JEDER Mensch ist auf Inklusion angewiesen, weil er "anders" ist. Das geht leider in der öffentlichen Diskussion völlig in Vergessenheit, dort denkt man ja nur: "Inklusion… ach ja, da gehts um behinderte Kinder und deren Beschulung…"
    Liebe Kirstens, gern mehr von dieser Sorte Geschichten. Es darf auch mal um die Erwachsenen, die vermeintlich "Normalen" und deren Inklusion gehen.

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