Kategorie: Geschichten
Kleine Urlaubsgeschichte 6
Die Serie stammt aus 2020. Die Geschichten sind aber alle noch so aktuell wie damals. (Leider).
Die Mutter DES JUNGEN MANNES blättert im Urlaubskatalog eines großen Anbieters der Behindertenhilfe. Eine dicke Hochglanz-Broschüre.
Da sind doch ein paar ganz schöne Sachen dabei. Sie ruft im Anmeldebüro an.
Und fragt nach der Städtereise. Ausgebucht. Und der Pool-Urlaub? Ausgebucht. Aber die Woche auf dem Bauernhof? Auch ausgebucht!
„Wie kann das sein“, fragt sie den Mitarbeiter, „die Reisen sind doch alle noch so lange hin.“
„Das stimmt“, sagt der, „aber wir buchen immer schon mal vor Erscheinen des Katalogs die Bewohner unserer Wohnheime ein. Und dann…“, er zögert ein bisschen, „… dann kann es eben sein, dass es nicht mehr so viele Plätze für Externe gibt.“
Kleine Urlaubsgeschichte 5
Die Serie stammt aus 2020. Die Geschichten sind aber alle noch so aktuell wie damals. (Leider).
Gut klingen die Angebote des „Ferienspaßes“ für Kinder des Ortes. Tolle Tageausflüge oder spannende Aktionen.
Bei manchen steht in den Ausschreibungen „Auch für körperlich eingeschränkte Kinder geeignet“.
„Hm…“, denkt die Mutter. Was das wohl heißt? Denn körperbehindert ist DAS MÄDCHEN nicht.
Sie fragt bei der Stadt nach, die das Programm herausgegeben hat. Die Mitarbeiterin verspricht, es zu klären. Dann ruft sie zurück.
„Also“, sagt sie“, das heißt, dass Kinder, die körperlich nicht so fit sind, gerne mitkommen können. Aber geistige Behinderte – die traut sich keiner zu!“
Kleine Urlaubsgeschichte 4
Die Serie stammt aus 2020. Die Geschichten sind aber alle noch so aktuell wie damals. (Leider).
Die Kollegin bekommt mit, wie die Mutter DES MÄDCHENS telefoniert. Es geht um eine Urlaubsreise. „Fährt Deine Tochter weg?“, fragt sie, „ich habe da neulich so Prospekte gesehen: Urlaub ohne Barrieren oder Reisen für alle – so ähnlich hießen die. Da gibt es ja inzwischen voll viel. Und wie glücklich die Behinderten auf den Fotos aussahen!“
„Ja, die, die mitdurften…“, antwortet die Mutter.
„Was heißt das?“, fragt die Kollegin nach.
„Weil meine Tochter im E-Rolli fast nirgendwo mitgenommen wird. Es gibt eben behindert und so behindert wie meine Tochter!“
Kleine Urlaubsgeschichte 3
Die Serie stammt aus 2020. Die Geschichten sind aber alle noch so aktuell wie damals. (Leider).
DER JUNGE ist mit seinen Eltern in einer Ferienhaus-Anlage. Die Mutter bekommt nun schon das zweite Mal mit, wie ihn die anderen Kinder anstarren. Vor allem zwei Jungs in seinem Alter. Sie lachen über ihn, äffen ihn nach und strecken ihm die Zunge raus, wenn er kommt.
Heute ist deren Mutter in der Nähe. Sie geht auf die Mutter des Jungen zu und sagt: „Sorry, dass meine Jungs so blöd zu Ihrem Jungen sind. Ich habe sie auch schon ermahnt. Aber sie kennen eben keine Behinderten. Nicht aus der Schule, und auch im Stadtteil sehen sie sie nicht.“
„Wirklich niemanden?“, fragt die Mutter ungläubig.
„Doch“, sagt die Mutter der Jungs, „aber nur auf der anderen Straßenseite!“