Nicht jedermanns Sache

Die Mutter DES JUNGEN und die andere Mutter haben sich lange nicht mehr gesehen.
Ihre Jungs waren gemeinsam in einer Spielgruppe der Frühförderung.
Sie haben sich viel zu erzählen.
Die andere Mutter berichtet auch von der Schullaufbahn ihres Sohnes: „Bis Klasse 4 war er auf einer normalen Grundschule, also in einer ausgelagerten Klasse der Sonderschule. Aber die haben fast alles zusammen gemacht, das war wirklich schön…“
„Und dann?“, fragt die Mutter des Jungen.
„Dann ging das nicht mehr“, antwortet die andere Mutter.
„Was heißt: Dann ging das nicht mehr?“, fragt die Mutter des Jungen nach.
„Dann hat die Sonderschule keine weiterführende Schule gefunden, die so eine Kooperationsklasse bei sich wollte. Da braucht man sehr soziale Schulleiter und Lehrer, haben unsere Sonderpädagoginnen gesagt. Und es sei eben auch nicht jedermanns Sache, so eng mit Behinderten. Und außerdem müsse man ja auch noch an die Eltern der Schüler ohne Behinderung denken. Da würden immer einige gleich auf die Barrikaden gehen!“

Die Geschichte vorgelesen …

6 Kommentare

  1. Nele sagt:

    Warum ist das “Sondersystem” schuld, wenn Regelschulen die Kooperation ablehnen? Ja, es könnte so sein. Aber warum liegt es, hier in dieser Geschichte, an den Sonderpädagogen, wenn es keine weitere Kooperationsmöglichkeiten gibt? Bisher hat es funktioniert, nur eben nicht an den weiterführenden Schulen.

    • Anonymous sagt:

      Bisher hat es funktioniert, allerdings mit viel Zeit, Einsatz , Mühe. Und das ist auch gut so, wenn Inklusion gut ausgeführt werden soll, für alle Beteiligten.
      Ihr Kommentar bringt es gut auf den Punkt.
      Das Problem ist, dass sich viele zu einfache Vorstellungen von der Umsetzung der Inklusion machen/ machten. In kurzer Zeit würde das alles erledigt sein.
      Es zeigt sich, dass das nicht stimmt. Sonderschullehrer haben eben eine spezielle Ausbildung, vergleichbar mit Fachärzten. Man kann diese nicht einfach ersetzen durch Hausärzte, auf die Idee wurde niemand kommen. Nun aber sollen Regelschullehrer und Schulbegleiter alles easy nebenher hinbekommen, ohne Fachausbildung?
      Gute Inklusion wird noch viele Jahre dauern, und es braucht viel mehr Personal und Ressourcen.

  2. Scottie sagt:

    Man sieht, dass sich an der Einstellung sehr vieler Lehrer:innen über die Jahre nichts geändert hat. Bei der Einschulung meines Kindes mit Behinderung vor 15 Jahren, gab es nahezu dieselben Kommentare, als würden Lehrer in Ihren Aussagen immer nur “Copy and Paste” machen.
    Es geht nur mit strengen verpflichtenden Gesetzen für alle

    • Anonymous sagt:

      Es ist sogar noch schlimmer geworden. Das sondersystem hat sich so “toll” erholt vom ersten Schock von vor 10 Jahren. Allein die euphemistische Umbenennung in Sbbz, Framing nennt man das.

  3. Tobias Sinzig sagt:

    Genau an diesem Punkt stehen wir gerade auch. In zwei Jahren muss unsere Tochter auf die weiterführende Schule. Heute besucht sie eine “Regel-“Grundschule. Ich finde schon die Bezeichnung und Unterscheidung so absurd.
    Wieso muss man sozial eingestellt sein?
    Wie kann es nicht jedermanns Sache sein? Und wieso muss das unser Problem sein und nicht das Problem derer, deren Sache das nicht ist?

    Es ist kein Charity, keine besondere Leistung, sondern einfach nur die Gewährung eines Menschenrechts. Aber bis das in den Köpfen der Menschen ist, scheint es leider zu dauern.

    • Wibke sagt:

      Ich finde schon, dass man dafür sozial eingestellt sein sollte. Wenn die Lehrkräfte das aber nicht sind, sollten sie halt nicht in nem Job arbeiten, bei dem soziales die Grundlage bildet.
      Du bringst das auch in die richtige Richtung, es geht um die Grundrechte von Menschen.

Schreibe einen Kommentar zu Tobias Sinzig Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert