Ein Detail
DER JUNGE soll nach den Sommerferien an eine weiterführende Schule wechseln.
Es war gar nicht so einfach, überhaupt eine zu finden: Die Unterrichtsräume müssen mit dem Rollstuhl erreichbar und die Verbindung mit dem öffentlichen Nahverkehr muss wenigstens zu den Hauptverkehrszeiten barrierefrei sein. Gut, dass die Familie in der Stadt wohnt. Da gibt es wenigstens eine Schule, die diese Voraussetzungen erfüllt.
Die Mutter und auch der Junge hatten sich mehrmals mit dem Schulleiter getroffen, viele Gespräche geführt und alle Details geklärt. Der Schulleiter hatte viele Bedenken, die aber nach und nach ausgeräumt werden konnten.
Endlich weiß der Junge – viel später als seine Freunde und Klassenkameraden – wo er weiter zur Schule geht. Er ist sehr erleichtert.
Morgen ist nun endlich der vereinbarte Anmeldetermin. Am Abend zuvor klingelt das Telefon. Der Schulleiter ist dran:
„Ich muss Ihnen leider sagen, dass das mit der Anmeldung morgen nichts wird“, sagt er.
„Aber warum“, fragt die Mutter völlig überrascht, „es war doch schon alles besprochen!“
„Wir haben ein sehr wichtiges Detail übersehen“, erklärt der Schulleiter, „im Brandfall dürfen die Aufzüge nicht benutzt werden. Und wie kommt Ihr Sohn dann aus dem Gebäude?“
Da ist die Mutter auch zunächst einmal überfragt. „Aber wir können ihn doch morgen anmelden, und dann machen Sie einen Termin mit der Stadt, um diese Frage zu klären. In allen öffentlichen Gebäuden gibt es doch Rettungskonzepte…“, schlägt sie vor.
„Das geht natürlich nicht“, entgegnet der Schulleiter fast empört: „Sie denken da nur an Ihr eigenes Kind! Aber ich trage die Verantwortung für alle. Wenden Sie sich an die Feuerwehr, an den Bürgermeister oder eine übergeordnete Stelle im Ministerium. Und sobald Sie eine Lösung gefunden haben, melden Sie sich wieder bei mir. Dann können wir gerne noch einmal über die Aufnahme Ihres Sohnes sprechen!“
Wow,die Illustration ist sehr eindrucksvoll!
Wir haben das gerade mit einem Kollegen. Kommt nach langer Krankheit mit Krücken (die er wohl dauerhaft brauchen wird) wieder zurück. Die Abteilung, in die er wieder soll, sitzt im 4. Stock, ein Konzept zur Evakuierung für ihn gibt es nicht.
Diese Geschichte klingt ähnlich wie die ,die ich dieses Jahr mit meinem autistischem Kind erlebt hatte. Mein Kind soll nach den Sommerferien auf eine Berufsschule wechseln. Wir hatte zig Gespräche mit zig Schulleiter und Pädagogen gehabt. Erstmal kriegten wir eine Zusage, ein paar Tage später dann eine schriftliche Absage! Es gab immer einen Grund, eine Ausrede, weswegen mein Kind nicht auf der Berufsschule aufgenommen werden kann. Laut manchen Pädagogen war es, weil sie noch nie behinderte Kinder auf ihre Schule hatten. Manch andere Schulen, weil es keine adäquate Räume für mein autistisches Kind gebe(später fanden wir heraus , dass es auf der Berufsschule doch autistische Kinder gibt) . Es war ein Kampf mit zig schlaflose Nächte bis wir einen Platz doch noch auf eine Berufsschule bekamen. Wochenlang Telefonate führen mit Schulleiter und Schulbehörde!Es war uns selbstverständlich auch nicht vergönnt , die Berufsschule auszusuchen, die wir wollten! Wir müssen uns mit dem zufrieden geben, was wir kriegen! Und das erstmal nur für ein Jahr. Der Kampf geht dann weiter!
Die Geschichte oben zeigt, dass die Schule sich nie Gedanken darüber gemacht hat, was Inklusion bedeutet.Inklusion bedeutet, dass die Gesellschaft sich an den behinderten,pflegebedürftigen Menschen anpassen soll und nicht andersrum. Man schiebt, wie so oft die Verantwortung den Angehörigen zu. Diese müssen wie so oft dann von A nach B laufen um alles zu regeln, damit alles läuft. Sie werden meistens auch über ihre Rechte nicht informiert .Das ist doch von Politiker in Deutschland so erwünscht oder nicht? Diejenigen die zum Beispiel mit dem Schulgesetzbuch unterm Kissen schlafen und Kraft haben sich durchzusetzen, schaffen das einigermaßen. Diejenigen, die durch die aufwendige Pflege und schlaflose Nächte keine Kraft mehr haben,geben dann leider auf!Was auch nachvollziehbar ist!
Als ich für mein Kind gekämpft hatte,damit er auf eine Berufsschule aufgenommen werden soll, da sagte mir der zuständige Mitarbeiter der Schulbehörde von oben herab, dass wir mit den schlechten Schulbedingungen leben müssen, da wir uns als Eltern entschieden hatten unser Kind inklusiv zu beschulen. Am besten hätte er ihn in eine Einrichtung nur unter behinderte Menschen gesehen. Man fragt sich, wie Inklusion funktionieren soll,wenn sogar Mitarbeiter der Schulbehörde sich gegen Inklusion aussprechen! Es ist Aufgabe der Schulbehörden dafür zu kämpfen, damit die finanzielle Hilfe für Schulen geleistet wird, und nicht,die der Eltern!
Bei meinem Kind wurde uns immer gesagt, dass wir unser Kind rechtzeitig auf die neue Schule anmelden sollen, wenn es zur Schulwechsel kommen sollte. Wir taten dies, wie andere Eltern behinderter Kinder aus unserem Bekanntenkreis auch, schon fast ein Jahr vor Schuljahresende. Als Grund gaben sie an, damit die Schulbehörden Zeit genug haben sollen, die neuen Schulen so auszustatten, damit unsere Kinder inklusiv beschult werden sollen! Hat das geholfen? Nein! In diesem einem Jahr schoben die Schulen die Anmeldeformulare der Kinder von einer Schule zur anderen. Es gab immer eine Ausrede weswegen sie die Kinder nicht aufnehmen wollen.Unser Kind bekam eine schriftliche Zusage auf welche Schule er aufgenommen wird eine Woche vor Schuljahresende. Unser Kind wird dann nach den Sommerferien auch kein Schulbegleiter haben! Und warum? Liegt es vielleicht daran, weil die Schule keine Zeit hatten sich darauf vorzubereiten?
Na sowas! Nach dieser Logik dürften Menschen im Rollstuhl nirgends mehr einen Aufzug benutzen, was praktisch ist, weil man dann auch nicht mehr barrierefrei bauen muss. Blöd nur für den Herrn Direktor, wenn er z.B. mal ins Krankenhaus käme und dort auch nicht in der Lage wäre, sich im Brandfall zu Fuß zu retten…
Solche Beiträge machen mich echt fassungslos. In meiner Schulzeit vor mittlerweile 30 Jahren gab es zwei Mitschüler am Gymnasium, die auf einen Rollstuhl angewiesen waren. Damals ging sowas offenbar, und war ganz normal.
Hier war es vermutlich so, dass der Direktor einfach nicht wollte, und anscheinend ganz froh war, am Ende doch noch ein unüberwindbares Hindernis gefunden zu haben. War sicher nicht so einfach…
Was. Zur. Hölle?
ER ist derjenige, der in dem Plan der für die Feuerwehr ausliegen MUSS, vermerken MUSS, dass in Raum XYZ ein Kind mit/im Rollstuhl sitzt.
ER ist derjenige, der das Konzept mit der Feuerwehr erarbeiten MUSS und evtl. die Raumplanung ändern muss, wenn die Feuerwehr Bedenken hat.
Es ist so gruselig, wie immer wieder die Verantwortung an die Eltern zurückgegeben wird.
Anita
(https://twitter.com/AnitaWorks9698)
Wie immer – Verantwortungsverlagerung auf die Eltern… Ein Armutszeugnis für Politik, Verwaltung, Gesellschaft. Kenne einen Fall, für den dieses Konzept nicht existiert, trotz Kind und ein Lehrer im Rollstuhl.Klassenzimmer 1.OG,nur mit Fahrstuhl erreichbar.
Eure Geschichten lassen mich jedesmal so fassungslos und wütend. Sie sollten in einer der großen Tageszeitungen wöchentlich erscheine, bis alle begriffen haben, dass Inklusion keine Gnade sondern ein Menschenrecht ist.