Die Operation

Die Krabbelgruppe trifft sich. Auch die Mutter des KLEINEN JUNGEN ist dabei. Nicht immer kann sie kommen. Oft geht es ihrem herzkranken Sohn zu schlecht. Auch heute trägt er die ganze Zeit eine Sauerstoffbrille.
„Es wird Zeit, dass er endlich operiert wird“, seufzt sie, als sie sich auf den Spielteppich setzt.
Und als die anderen Mütter nachfragen, erklärt sie, wie kompliziert alles ist, dass die Chirurgen entscheiden, wann der Zeitpunkt für die große Operation günstig ist. Und dass sie für viele Voruntersuchungen mit dem Kleinen immer wieder ins weit entfernte Kinderherzzentrum fahren muss.
„Wie finanziert ihr eigentlich die ganze Behandlung?“, fragt eine der Mütter, „die muss doch wahnsinnig teuer sein!“
Die Mutter des Jungen stutzt: „Die zahlt natürlich die Krankenkasse! Zum Glück! Wir könnten das gar nicht bezahlen.“
Die andere Mutter ist etwas verlegen: „Ja, das klingt logisch. Ich dachte nur: Ihr habt euren Sohn mit Behinderung schließlich freiwillig bekommen. Ihr hättet ja auch die Möglichkeit gehabt, die Schwangerschaft abzubrechen. Also, da dachte ich: Vielleicht müsst ihr ja jetzt auch für die Kosten selber aufkommen.“

Die Geschichte vorgelesen …

9 Kommentare

  1. Anonymous sagt:

    Wo wurde die fragende Mutter sozialisiert? Sowohl US-amerikanische als auch indische Kollegen schauen immer nur seltsam, wenn etwas über GKV erzählt wird. Wer schon mal versucht hat, ein chronisch kranke Person in der PKV zu versichern, versteht die Frage evtl. auch ganz anders (Ausschluss von Vorerkrankungen…).
    Vielleicht war die Mutter aber auch nur EIN MÄDCHEN aus den vielen Geschichten, das beim Überblicken von machen Situationen überfordert ist.

  2. electrolite sagt:

    Was geht in den Köpfen mancher Leute bloß vor? Ist es wirklich das Weltbild eines vergangenen Reiches, das einen späten (Denn wann erfährt man von so einem Problem?) Schwangerschaftsabbruch als Heilung betrachtet? Wie kann man als Mutter eines (offenbar gesunden) Kleinkindes einer anderen Mutter rückwirkend eine Abtreibung wünschen? Nach dem Motto: mein Kind hat es verdient zu leben, deins eigentlich nicht und wenn er schon unbedingt da sein muss, dann zahl wenigstens für seine Behandlungskosten. Die Lady sollte sich in Grund und Boden schämen dafür, dass sie an dem Tag den Mund aufgemacht hat.

  3. Juliane sagt:

    Als würde ein Mensch erst mit der Geburt alle Rechte erwerben, kostenlos behandelt zu werden. Man stelle sich nur mal vor, der Herzfehler entsteht erst kurz nach der Geburt – würde da irgendwer ernsthaft vorschlagen, das Kind “wegmachen” zu lassen? Daran merkt man die Absurdität der Argumentation. Ich muss Jula da leider zustimmen.

  4. Jula sagt:

    What? Radikaler Kapitalismus? Das ist die Fortschreibung eines vor 77 Jahren durch Alliierte beendeten Systems, das in den Köpfen von „uns Deutschen“ weiter lebt und in sehr vielen Bereichen, vor allem wenn es um Menschen mit Behinderung geht, outet. Meist kommt es gar nicht so „plump“ daher, wie in diesem Artikel.

    • Anonymous sagt:

      Das finde ich sehr frei assoziiert. Die Frau spricht dem Kind nicht das Lebensrecht ab. Es geht hier um die Kosten der Behandlung. Jeder ist für sich alleine verantwortlich ist typisch für Turbokapitalismus, was es aber kein bisschen besser macht.

  5. Juliane sagt:

    Bissl Nachdenken bevor man was sagt, würde aber auch helfen: Eigenbeteiligung für Raucher, Alkoholiker und viele viele andere Krankheiten ist ja auch schon üblich – nicht.

    • Türkis sagt:

      Das Risiko durch Alkoholkonsum in Maßen zur AlkoholikerIn zu werden, hat wohl eine genetische Verankerung, ähnlich wie ein individuelles Risiko zum Herzinfarkt.

      Du argumentierst exakt so wie die Mutter aus der Geschichte:
      Selbst schuld, warum sollte die Gesellschaft also die finanziellen Kosten tragen ?
      Bissl Nachdenken bevor man was sagt, würde aber auch helfen.

      Eine Diskussion, wer wieviel persönliche Verantwortung für welche Krankheit, Unfallverletzung und Behinderung zu tragen und damit zu finanzieren hat, öffnet absolut die Büchse der Pandorra.

      • Juliane sagt:

        Hm, vielleicht habe ich mich da missverständlich ausgedrückt. Oder zu pauschal. Aber du schreibst ja selbst: “Hat wohl eine genetische Veranlagung”. Genau kann man es nicht beziffern und es bleibt immer ein Teil individuelle Entscheidung, ob ich zum Alkohol greife oder wie ich lebe, was ggf. bei Arztkosten nicht in Rechnung gestellt wird. Wie soll man das auch berechnen. Daher gleiches Recht, sich “unvernünftig” zu entscheiden, für alle.

  6. Moma sagt:

    Wie sich der Radikale Kapitalismus langsam in den Köpfen der Menschen ausbreitet 😕

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