Begleitung

DER JUNGE möchte am Bibel-Nachmittag einer christlichen Kindergruppe teilnehmen.
Es geht um die Geschichten, die er sehr liebt. Sie sollen gelesen und aufgeführt werden. Es wird gebastelt und gegessen.
Der Junge sei willkommen, so die Veranstalter, aber nur mit Begleitung.
Die Mutter versteht nicht recht, warum. Aber auch nach langem Hin und Her ist das nicht verhandelbar.
Also fragt sie einen Dienst an, über den sie schon öfter mal Studierende bekommen hatte, um mit ihrem Sohn etwas zu unternehmen.
Die Leiterin des Dienstes verspricht, dass jemand kommt.
Kurz bevor es losgehen soll, klingelt das Handy der Mutter und ein Mann meldet sich: Er komme leider etwas später.
Die Mutter schickt den Jungen schon mal rein, und weil die Veranstalter wissen, dass gleich eine Begleitperson kommt, kann die Mutter schon gehen.
Als sie abends kommt, sitzen die Kinder noch im Kreis:
Der Junge, acht weitere Viertklässler und dazwischen ein grauhaariger Mann, der augenscheinlich über 70 ist und sich auch auf einen der kleinen Stühle gequetscht hat.
Am nächsten Tag ruft die Mutter bei der Leiterin des Dienstes an und sagt, dass das irgendwie nicht besonders passend war. Sonst seien doch immer Studenten gekommen…
Die Leiterin reagiert angefasst: „Wissen Sie eigentlich, wie schwer es ist, hierfür überhaupt Personal zu finden? Ich finde, Sie können froh und dankbar sein, dass ich jemanden auftreiben konnte. Ist ja auch nicht jedermanns Sache, so eng mit Behinderten zu arbeiten.“

Die Geschichte vorgelesen …

10 Kommentare

  1. Kerstin sagt:

    Solche Kindergruppen werden doch meistens von Ehrenamtlichen gemacht, oft von Jugendlichen die noch keinen Führerschein haben dürfen. Irgendwo im Hintergrund ist eine volljährige Person, die im Notfall eingreifen kann, aber eigentlich etwas anderes zu tun hat. Vielleicht will der “Veranstalter” seine jungen Mitarbeiter vor zu viel Verantwortung schützen? Eine extra Person für den Jungen hat die Gemeinde vielleicht gerade nicht vorrätig (die wachsen nicht auf Bäumen im Pfarrgarten). Warum gerade beim Abholen niemand aus der Gemeinde zu sehen war? Vielleicht musste gerade irgend eine Sauerrei vom Basteln oder Essen beseitigt werden, ein Streit geschlichtet werden, mit einem abholenden Elternteil ein kurzes Wort gewechselt werden? “Durchschnittskinder” überleben eine kurze Abwesenheit von Erwachsenen normalerweise unbeschadet und der Junge war nicht allein, die anderen Kinder fanden den Senior wohl auch OK in ihrer Mitte. So mancher Senior kann die Regenwürmer besser husten lassen als ein Student, da ihm der Kinderkram nicht mehr peinlich ist.

  2. Noname53 sagt:

    Man kann die Geschichte auch anders sehen: der JUNGE, der nur mit Unterstützung am Bibelnachmittag teilnehmen darf, „ teilt“ sich den Helfer mit acht anderen Kindern. Der Ehrenamtler hat so viel Kapazitäten, sich zusätzlich um acht weitere Kinder zu kümmern. Es stellt sich die Frage, wo sind die Helfer der Kirchengemeinde? Wer zahlt den Ehrenamtler über die Helfervermittlung?
    Wollte der ältere Mann sich lieber mit den anderen Kindern beschäftigen, brauchte der MmB ihn nicht oder alles eine natürlich inklusive Situation?

    • Julia sagt:

      Ich habe den Eindruck, wir lesen zwei verschiedene Geschichten. Schon in Ihrer ersten Antwort dazu konnte ich Ihren Kommentar nicht nachvollziehen. Zwischen “in eine Behindertengruppe geben” und der Begleitung durch einen älteren Mann statt eines Studenten finde ich keinen Zusammenhang. Für das Alter des Jungen und die Art der Veranstaltung finde ich diesen Begleiter nicht fehlbesetzt. Woraus schließen Sie nun, dass der Begleiter sich lieber mit den anderen Kindern beschäftigt hat?

  3. Thorsten sagt:

    Wie beschrieben, hat die Mutter schon öfters den Dienst in Anspruch genommen. Offensichtlich bestehen bei dem Kind Teilhabebeeinträchtigungen.
    Dem Veranstalter ist dies wohl bekannt und wünscht eine Begleitung, damit das Kind an seinen Angeboten auch entsprechend teilhaben kann. Das ist eine sehr positive Einstellung des Veranstalters.

    Die Aussage der Leiterin des Dienstes, wonach es schwer ist Personal zu finden, gerade auch für die Arbeit mit Menschen mit Behinderung, beschreibt schlichtweg die Realität, woran ich nichts zu beanstanden habe.

    Einzig die Haltung der Mutter ist zu kritisieren, denn ihr einziges Qualitätsmerkmal zur Beurteilung der Begleitperson ist das Alter.

  4. Juliane sagt:

    Kann man tatsächlich drüber diskutieren. Die Tatsache selbst finde ich auch weniger schlimm. Die Antwort der Frau von dem Dienst ist dagegen nicht so super. Und die Kirchengemeinde… naja. Lassen wir das.
    Abgesehen davon: Ich habe nur heute gerade gelesen, dass eine auf Rollstuhl angewiesene Ministerin nicht zur Klimakonferenz gelangen konnte und einen unzureichenden Shuttle benutzen sollte…meine Güte, wenn die das auf internationaler Eben schon nicht hinbekommen… 🙁

  5. Julia sagt:

    Ist das nicht auch irgendwie diskriminierend, Altersdiskriminierung? Ich lese nichts davon, dass der Junge keine schöne Veranstaltung hatte. Es
    sollte doch darauf ankommen, dass der Begleiter des Jungen freundlich und empathisch ist.

    • Maria sagt:

      ja, seh ich auch so!

    • Wildkatze sagt:

      Julia, das war mein erster Gedanke! Wo ist das Problem? Der Begleiter soll sich doch eh im Hintergrund halten und nur aktiv werden, wenn es Probleme gibt. Ein Student hätte sich übrigens auch auf die Stühle gequetscht. Behinderung kann uns treffen, Alter wird uns alle definitiv treffen, wenn wir nicht vorher sterben!
      Oder ist die Aussage der Leiterin das Problem? Es ist eine Tatsache, das viele Menschen nicht mit “Behinderten” arbeiten wollen. Oder mit alten Menschen oder mit Kindern oder mit Schüler/innen oder mit Kranken… Im ganzen sozialen Bereich fehlt Personal und wird händeringend gesucht.

  6. noname33 sagt:

    die eine Helfervermittlung (Ausbildung Sozialarbeiter/Sozialpädagoge) sagt:
    (a) wir suche so lange bis wir jemand passendes für Ihre Familie/ Mensch mit Handicap gefunden haben; die andere Helfervermittlung sagt (b) wir haben keine Helfer, geben Sie ihren Menschen mit Handicap in eine betreute (Behinderten)Gruppe. Finde den Fehler/die Fehler !?

    • Julia sagt:

      Ja, aber wer sagt denn, dass der Begleiter aus der Geschichte nicht geeignet war? Nur weil er älter war? Es geht um die Begleitung eines Grundschulkindes für die Veranstaltung einer christlichen Kindegruppe.

Schreibe einen Kommentar zu Thorsten Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert