Kindergärten

DER JUNGE wird bald drei Jahre alt. Die Mutter sucht für ihn einen Kindergartenplatz.
„Behinderte sind hier natürlich willkommen“, sagt die Leiterin einer immer wieder in den Medien gelobten inklusiven Einrichtung. Aber sie verweist auf die nötige Beantragung einer Integrationshilfe. Das könne lange dauern. Und 15 Stunden müssten schon mindestens bewilligt werden.
Willkommen sind Kinder mit Behinderung auch im Kinderladen eines Elternvereins. Allerdings werden dort wohl im nächsten Jahr nur Geschwisterkinder aufgenommen. Da hat der Junge Pech, denn er hat nur eine kleine Schwester.
Willkommen sind Kinder mit Behinderung auch in einem kirchlichen Kindergarten. „Allerdings“, sagt die Leiterin, „nehmen wir die grundsätzlich nur zur Probe auf. Wir wissen ja nie, wie das läuft. Ein Kind hat uns hier erst einmal das ganze Spielzeug zerlegt.“
Willkommen sind Kinder mit Behinderung auch in einem anderen Kindergarten. Drei Stunden pro Tag – das ist dort die Regel: „Die sind ja sonst auch schnell überfordert.“
Die Mutter ist jetzt ziemlich ratlos.
Nun bleibt ihr nur noch ein Kindergarten im Stadtteil.
„Kinder mit Behinderung sind hier willkommen!“, sagt die Leiterin. Die Mutter wartet, was jetzt noch kommt. Aber es kommt nichts mehr.
Die Mutter füllt die Anmeldeformulare aus und geht wieder nach draußen. Dann weint sie erst einmal sehr lange.

Die Geschichte vorgelesen …

18 Kommentare

  1. Kirsteneins sagt:

    Grundsätzlich ja, allerdings mit Hinweis auf Blog und Illustrator – bitte mal eine Direktnachricht übers Kontaktformular des Blogs schicken, dann können wir das kurz absprechen, weil wir auch immer gerne ein Belegexemplar hätten.

  2. P sagt:

    Die Geschwisterkindregelung ist allerdings eine Regelung, die für alle Kinder gilt. Dass sich die Leitung der Einrichtung darunter beugen muss, unabhängig von einer Behinderung, das ist Inklusion… Dass es für die Eltern schlecht ist, ist klar, leider ist der Fachkräfte- und Platzmangel in deutschen Kitas mittlerweile ein echtes Problem.

    Sehr schönes Bild, das würde ich am liebsten in einigen Konzeptionen von Kitas (auch meiner eigenen) sehen! Steht das Bild denn zur freien Verfügung?

  3. Anonym sagt:

    Zum einen bieten die Merkzeichen im Ausweis, insofern man sie erhält, weitere wichtige Nachteilsausgleiche. Zum anderen gibt es Schüler auf Sonderschulen Schwerpunkt GB, die deshalb keinen Ausweis erhalten, weil sie schlicht und einfach keine Schwerbehinderung haben. Für betroffene Eltern ist es ein Dilemma. Sie schicken ihr Kind auf diese Schule, damit es bessere Chancen für den Ersten Arbeitsmarkt erhält, als wenn es, wie vom Förderbedarf her eingestuft, auf der Förderschule Schwerpunkt Lernbehinderung bleibt. Manchmal funktioniert das ganz gut, wie in oben beschriebenem Fall (3.12.2018,23:33:00).

  4. Anonym sagt:

    Was hat das mit dem SBA zu tun? Den braucht man doch, wenn es einem nicht um Steuervergünstigungen geht, erst, wenn das Kind gen Schulabschluss geht.

  5. Fan des Illustrators sagt:

    Was für eine charmante Zeichnung!

    Hinreißend hat der Illustrator die Leiterin mit den Kindern auf den Armen dargestellt.
    Das kann nur die Leiterin des zuletzt angesteuerten Kindergartens sein, die alle Kinder ohne Vorbehalte willkommen heißt.

    Wie wunderbar wäre eine Welt mit vielen solchen Menschen wie diese Kindergartenleiterin!

  6. Anonym sagt:

    Es ist völlig verständlich, dass Mama, Papa, Eltern vor Glück weinen, wenn sie einen Kitaplatz für ihr Kind bekommen. Das ist nicht so einfach hier und heute.

  7. CD sagt:

    Das allerschlimmste ist, dass diese Regelung im neuen sächsischen Schulgesetz nach außen hin als fortschrittlich, innovativ und inklusiv beworben wird. O-Ton Sachbearbeiterin Sozialamt Sachsen, zuständig für die Assistenzleistungen für ein schwerstehrfachbehinderten Kindergartenkind in einer Kita in freier Trägerschaft im Jahr 2015, angesprochen auf Inklusion und die BRK: "Nein, das machen wir nicht. Wir sind doch hier nur für die Integration zuständig."
    – Zum Weinen!

  8. Anonym sagt:

    Ich habe es auch erlebt, dass sogar Eltern behinderter Kinder sich gegen Inklusion stellen.Viele sind durch die Politik zum Thema UN Behindertenrechtskonvention nicht genug darüber informiert.und orientieren sich nach der Propaganda mancher Politiker die sich gegen Inklusion und somit auch gegen die Pflegepolitik stellen.
    Andererseits haben sie in ihrer Erziehung in Deutschland während ihrer Schuljahre so gelernt.IN Schulen wird aussortiert und aussortiert. Die Kinder werden von einer Schulform in die nächste abgegeben, wenn sie den Anforderungen nicht nachkommen. Sie haben gelernt die Probleme von sich abzuschieben, anstatt genug Personal zur Verfügung zu stellen damit jeder mitkommen kann….

  9. Anonym sagt:

    Es wird leider Schlimmer. Ähnlich geht es auch in der Pflege. Es gibt ein Bericht "Hausverbot für Angehörige!". Angehörige sind auf sich alleine gestellt wenn es um die Betreuung pflegebedürftiger Menschen geht. Die Probleme werden in Deutschland immer schlimmer und die Politiker drücken ein Auge zu. Sie stellen sich sogar gegen die Angehörige!
    Sobald Eltern behinderter Kinder Ansprüche in der Förderung ihrer Kinder in Sonderschulen oder Kindergarten stellen, werden sie ignoriert .Ähnlich geht es auch so in der Pflege…
    Es ist Angehörigen pflegebedürftigen Menschen nicht Mal vergönnt in Ruhe zu sterben. Mein schwerstbehindertes Kind hat Ernährungsprobleme. Muss gefüttert werden! Ich frage mich wer das tun wird, wenn ich nicht mehr lebe. Es gibt Mangel an Pflegepersonal in ganz Deutschland!Mein Kind muss in der Zukunft wenn ich nicht mehr lebe sehr oft hungern müssen…und das in ein Land wie Deutschland!

  10. Daelli sagt:

    Diese Situationen haben viele von uns erlebt und tatsächlich gibt es kaum schlimmeres, wenn andere Eltern unbedacht am selben Strang ziehen: "Naja, wie stellst du dir das denn vor. Das muss doch genau geprüft werden." Unser Start in die Kita und die Einschulung sind nun weit über 10 Jahre her und die Vielzahl der idiotischen Anmerkungen wirken bis heute nach. Das ist sehr übel und ich hatte mir ebenfalls ganz naiv vorgestellt, dass sich bis 2018 schon etwas zum Guten geändert hätte. Armes Land, das Kinderechte so sehr an den Rand drängt.

  11. Anonym sagt:

    Sehe ich genauso , leider . Es gibt keine klaren Vorgaben . Ich habe es mehrmals bis heute erlebt das Kinder auf einer Förderschule GB oder / und dazugehöriger Kooperationsklasse keinen Schwerbehindertenausweis haben . Von Seiten der Pädagogen hätte ich nun einen Aufschrei erwartet , aber so ist es nicht . Es sind dann eben die Eltern die keinen SBA beantragt haben . Gut genug für die sonderpädagogik ist das Kind aber auch ohne anerkannte schwerbehinderung . Das haben die Pädagogen ja schon mit der Feststellung des sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf festgestellt . So vielen sieht man ihre Behinderung eben nicht gleich an !

  12. Anonym sagt:

    Als Mutter eines behinderten Kindes hatte ich schon ähnliche Erlebnisse. Auch die Hierarchie unter den Eltern behinderter Kinder erlebe ich oft. Entweder ist das Kind nicht behindert genug oder zu behindert= verhaltensauffällig. Traurig dass so 2018 erleben zu müssen

  13. Anonym sagt:

    Ähnlich wie es dieser Mutter bei der Suche nach einem Kindergartenplatz zugeht, ging es mir auch als ich auf der Suche nach einen geeigneten Zahnarzt für meinen schwerstbehinderten Sohn gesucht hatte. Mein Sohn hat Wahrnehmungsprobleme und beißt manchmal auf Gegenstände.Es kommt vor,dass er mal einen oder anderen Zahn bricht. Als mein Sohn noch Minderjährig war, war es kein Problem für meinen Sohn einen geeigneten Kinderzahnarzt zu finden, der die Zahnbehandlung unter Narkose durchführen konnte.Da er jetzt erwachsen ist,wird die Zahnbehandlung von Kinderzahnärzten nicht mehr übernommen. Ich habe bei 32 Zahnarztpraxen angerufen,die angaben unter Narkose die Zahnbehandlungen durchzuführen. Als sie hörten, dass mein Sohn schwerstbehindert ist, empfahlen sich mich immer wieder einer anderen Zahnarztpraxis. Ich wurde von einer Zahnarztpraxis zur anderen rüber gereicht (32 insgesamt). Und die Kosten für die Behandlung wird wie wie so oft von den Krankenkassen nicht übernommen.

  14. Anonym sagt:

    Habe neulich einen Bericht über schulische Inklusion in Sachsen gelesen. In diesem Bericht wird Inklusion erklärt.Eigentlich passt dieser Bericht zu allen Bundesländern in Deutschland.Hier wird folgendes erklärt." Das Sächsische Staatsministerium für Kultus erklärt die beiden gleichberechtigten Wege zur Förderung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf. In Sachsen gibt es zum einen den Unterricht an Förderschulen und zum anderen den inklusiven Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Beide Wege stehen mit dem neuen Schulgesetz offen…..sowohl die Förderschulen als auch die Regelschulen bereiten die Kinder auf ihren Schulabschluss!"
    Dieser Text erklärt ganz genau wie Inklusion in Deutschland funktioniert!Ein Kind mit sonderpädagogischem Förderbedarf wird nicht so akzeptiert wie es ist und hat auch nicht immer das Recht sich die Schule auszusuchen! Es darf auf eine Regelschule gehen(Kindergarten ähnlich) nur WENN BESTIMMTE VORAUSSETZUNGEN ERFÜLLT sind. Und da wir alle wissen, dass diese bestimmten Voraussetzungen(genug Pädagogen,adäquate Räume in Regelschulen) in sehr wenigen Regelschulen oder Kindergärten in Deutschland vorhanden sind,bleibt es Eltern nichts anders übrig als in den sauren Apfel zu beißen und ihre Kinder in Sonderschulen zu schicken,weil sie nirgendwo aufgenommen werden!Und von GLEICHBERECHTIGTE WEGE zur Förderung behinderter Kinder kann auch nicht die Rede sein,da die Kinder in Sonderschulen keine Schulbücher erhalten und somit kaum zur Bildung kommen dürfen. Der Mangel an Pädagogen in Sonderschulen ist noch katastrophaler als in Regelschulen. Aber, da man die Sonderschulen nicht abschaffen möchte, wird darüber nicht geredet!Die Förderung behinderter Kinder wird an den Lehrplänen einer Sonderschule angepasst und nicht,die einer Regelschule. Daher haben behinderte Kinder keinen Anspruch auf ein Schulbuch!

  15. Anonym sagt:

    Ich schließe mich dem an. Vielen Dank an den beiden Kerstin für die tollen Geschichten,die wir Woche für Woche lesen dürfen. Es ist absolut bewundernswert wie sie das hier alles meistern.Habe großen Respekt für euer Durchhaltevermögen.
    Heute ist der 3.Dezember. Es ist DER INTERNATIONALE TAG DER MENSCHEN MIT BEHINDERUNGEN!.Der Tag soll das Bewusstsein für die Probleme von Menschen mit Behinderungen wachhalten,stärken und den Einsatz für die Würde,Rechte und das Wohlergehen dieser Menschen fördern. Der Tag ist ein Gedenk und Aktionstag!
    Ich wünsche allen Menschen mit Behinderungen und deren Angehörigen viel Kraft und Zuversicht für die Zukunft!Gott segne Euch auf all Eure Wege!

  16. Anonym sagt:

    Eltern behinderter Kinder sortieren doch selbst!"Nehmen Sie es mir nicht übel,dass Ihr Kind nicht mehr in der Klasse meines Sohnes ist! Er lernt sonst nichts mehr!" Wortwörtliche Formulierung einer Mutter eines behinderten Kindes. Viele sortieren doch gern. Hauptsache, das eigene Kind ist nicht bei den Schwächeren oder Verhaltensauffälligen.

  17. Anonym sagt:

    Und das ist erst der Anfang . Behinderte sind nie , oder wenn dann nur mit Einschränkungen willkommen . Egal wie alt sie werden . Die Mutter wird noch viele Tränen vergießen müssen .
    Und es funktioniert einfach in Deutschland . Selbst in den geglaubten Schonraumfallen der Sonderpädagogik werden behinderte untereinander sortiert und müssen ständig mit massiven Einschränkungen leben . Von Toleranz und Menschlichkeit wieder einmal keine Spur .

  18. CD sagt:

    Danke für diese Geschichte!

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