Hausschuhe

Der Träger der Behindertenhilfe feiert.
Am Ortsrand, zwischen Einkaufszentrum und Gewerbegebiet, ist eine neue Zweigstelle entstanden.
Es gibt dort eine Werkstatt für Menschen mit Behinderung, ein Wohnheim und Appartements für betreutes Wohnen.
Die Eltern DES MÄDCHENS nutzen den Tag der Offenen Tür, um sich den Komplex genauer anzuschauen.
Die Werkstatträume sind modern und hell mit großen Fenstern.
Es gibt eine Cafeteria und einen Hof mit Blumenwiese und Gartenbänken hinter dem Haus.
„Super, nicht wahr?“ Die Mitarbeiterin, die die Eltern herumführt, ist begeistert: „Und schauen Sie sich das hier an: Der Ausgang des Wohngebäudes und der Eingang zur Werkstatt sind nur ein paar Meter auseinander. Wir müssen nur noch ein Glasdach über den Weg bauen, dann können die Bewohner in Hausschuhen zu ihrem Arbeitsplatz kommen. Ist das nicht wunderbar für Ihre Tochter, wenn sie erwachsen ist?“
Die Eltern sagen erst einmal nichts.
„Unsere Tochter wird sicherlich später viel Hilfe brauchen“, sagt die Mutter schließlich, „aber wir möchten, dass sie mehr von der Welt sehen darf als nur das, was man mit Hausschuhen erreichen kann.“

Die Geschichte vorgelesen …

9 Kommentare

  1. Anonym sagt:

    Richtig. Musste erst nachschauen.Geärgert habe ich mich nicht, schließlich muss man diesen Fachjargon nicht draufhaben, er dient nur der Selbstdarstellung. Wenn man mit Sprache informieren will, sollte man sich klar und verständlich ausdrücken. Dieser Satz bleibt im Ungenauen, und am meisten stört mich, dass​ bei solchen Sätzen die geschichtliche Dimension einer Sache vollkommen außer Acht gelassen wird und stattdessen ein Schwarzweißdenken (früher alles schlecht, in Zukunft alles perfekt) stattfindet.Aber vielleicht sollen ja diese verschleierten Sätze eine adäquate Diskussion verhindern?

    Cornelia

  2. Anonym sagt:

    Naja,man braucht Einrichtungen für behinderte oder alte Menschen, die nicht mehr von ihren Angehörigen versorgt werden können, aber ich möchte nicht, dass meine Tochter in einem Gewerbegebiet leben muss.Ortsmitte wäre eine gute Alternative,wird bei Heimen für Senioren schon manchmal umgesetzt.

    Cornelia

  3. Ines sagt:

    Es erinnert irgendwie an die Organisation mit den anderen Schwachen, den "Alten" in unserer Gesellschaft. Schöne große, angeblich attraktive Alterspaläste werden finanzstark gebaut (da Profit sicher) wo man dann die Eltern ablädt. A. Huxley ist eben zeitlos.

  4. Anonym sagt:

    Ich kann diesen Satz inhaltlich nicht verstehen und kann mir vorstellen, dass es Menschen mit Lernschwierigkeiten ähnlich geht.In der Diskussion um Inklusion erlebe ich häufig eine Ausdrucksweise, die viele Menschen ausschließt. Das empfinde ich als sehr widersprüchlich und ärgert mich persönlich sehr.

  5. Ines sagt:

    Die ganze veraltete Implementation ist vor dem Hintergrund des klar definierten Inklusionsansatzes obsolet.

  6. Anonym sagt:

    Was wäre anders, wenn sie jeden Tag mit einem Fahrdienst zur Werkstatt gefahren werden würde?

  7. Sehr treffend formuliert von der Mutter

  8. Anonym sagt:

    Typischer-Fall von "Hosenträger":

    Was man den Trägern überlässt, geht in die Hose 🙁

  9. Fan des Illustrators sagt:

    Das hat die Mutter schön formuliert

    und der Zeichner treffend illustriert!

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